Referenzdisziplinen des Wissensmanagements

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von PUMAB25. 2024/05/24
Referenzdisziplinen des Wissensmanagements
Blogbeitrag

Zuletzt geändert am 24. 5. 2024 von Admin.

Die Referenzdisziplinen des Wissensmanagements nach Franz Lehner, „Wissensmanagement - Grundlagen, Methoden und technische Unterstützung“ (2021) setzen sich zusammen aus der Organisationswissenschaft, Personalwissenschaft, Managementwissenschaft, Informatik, Psychologie und Soziologie.


Organisationswissenschaft[Bearbeiten]

Die Organisationswissenschaft umfasst zahlreiche Konzepte und Theorien, die sich mit dem Wandel von Wissen innerhalb von Organisationen beschäftigen. In dieser Zusammenfassung sollen nur jene dieser Konzepte beschrieben werden, welche einen Bezug zum Wissensmanagement besitzen.

Organisatorisches Lernen[Bearbeiten]

Peter Senge, der sich wohl am meisten mit der „lernenden Organisation“ beschäftigt hat und auch der populärste Autor auf diesem Gebiet ist, hat folgende fünf Disziplinen für eine erfolgreiche lernende Organisation festgelegt:

  • Persönliche Kompetenz: Erfahrungen, Fähigkeiten und Kompetenzen der Organisationsmitglieder wichtig für Ziele und Motivation, aber um eine zu eindimensionale Orientierung zu vermeiden ist die Vernetzung mit gemeinsamen Visionen und mentalen Modellen wichtig
  • Mentale Modelle: wie die subjektive Wahrnehmung der Realität unser Handeln beeinflusst. Organisationsmitglieder sollen dazu angeregt werden, eigene mentale Modelle zu entwickeln und zu überprüfen. Aus Fehlern zu lernen ist wichtig! Es geht auch darum anderen zuzuhören und Ansichten zu überprüfen
  • Gemeinsame Visionen: entstehen durch den Austausch über individuelle Visionen und sind Vorrausetzung für generatives Lernen und Schaffung von Innovationen. Welche Ziele sollen erreicht werden? Sind diese klarer, ist die Realisierung wahrscheinlicher. Sie stehen in engem Zusammenhang mit z.B. der Organisationskultur.
  • Gruppenlernen: beschreibt nach Senge den Prozess, der eine Gruppe vom unkoordinierten zum koordinierten Handeln führt und ist für den Erfolg eines Teams maßgeblich. Es braucht gemeinsame Visionen und persönliche Kompetenzen, damit das Team sich auf die Fähigkeiten der Mitglieder stützen kann. Senge sieht den Dialog (eigene Meinung) und die Diskussion (eigene Meinung in den Hintergrund gestellt) als wesentlich an.
  • Systemdenken: soll die zuvor genannten vier Kerndisziplinen integrieren. Es ist ein ganzheitlicher Ansatz der das gesamte System der Organisation (Strukturen, Probleme, Beziehungen) berücksichtigt, um eine lernende Organisation zu entwickeln

Eine erste Beziehung zum Wissensmanagement stellten Nonaka und Takeuchi mit dem 5-Phasen-Modell der Wissensschaffung in Unternehmen her. (Intention, Autonomie, Fluktuation & kreatives Chaos, Redundanz, interne Vielfalt: Voraussetzungen für die Wissensspirale)

Organisatorisches Gedächtnis[Bearbeiten]

Organisationsmitglieder, aber auch Schriftstücke und Dateien enthalten Wissen, das abrufbar ist. Auch die Organisation selbst verfügt über ein „Gedächtnis“, das beispielsweise durch telefonische Nachfrage oder Brainstorming bei Teamsitzungen in Erfahrung gebracht werden kann. Beides ist für jegliche Kommunikation und Handlung wichtig und auch verknüpft mit dem organisatorischen Lernen. Das Wissensmanagement befasst sich mit dem Aufbau- und Veränderungsprozessen des organisatorischen Gedächtnisses, die lenkbar sind und kann somit als integriertes Konzept zur Gestaltung und Nutzung des organisatorischen Wissens verstanden werden.

Organisatorischer Wandel[Bearbeiten]

Dieser bezeichnet Veränderungen der Organisation, der Struktur und der Prozesse durch interne und externe Einflussfaktoren. Das Resultat solcher Veränderungen kann für die Organisation selbst, aber auch für die Mitglieder mit positiven und negativen Folgen verbunden sein. Das Wissensmanagement fordert eine Veränderung innerhalb einer Organisation, ein Wandel ist somit notwendig. Der organisatorische Wandel im Sinne einer Verbesserung innerhalb der Organisation ist ein Erfolgsfaktor des Wissensmanagements.

Organisatorische Intelligenz[Bearbeiten]

Die organisatorische Intelligenz stellt ein Konzept dar, dessen Ziel die Veränderung und Verbesserung der Kernkompetenzen und der Wissensbasis einer Organisation darstellt. Die Grenzen zwischen Wissensmanagement, organisatorischen Lernen und organisatorischer Intelligenz werden oft verwischt. Mit den Entwicklungen des sozialen Internet entstanden Begriffe wie „Schwarmintelligenz“. Jene Phänomene und die „kollektive Intelligenz“ sollen näher untersucht werden. In Verbindung mit dem Wissensmanagement können beispielsweise Open Innovation und Crowd Sourcing genannt werden. Auch hier braucht es die Bereitschaft zum gemeinsamen Wissensaustausch.

Organisationsentwicklung[Bearbeiten]

Zum einen sollen die Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Erhöhung der Flexibilität und Innovationsbereitschaft verbessert werden, aber auch individuelle Ziele wie die Selbstverwirklichung erreicht werden. Die Organisationsentwicklung kann als Sonderfall des organisatorischen Wandels betrachtet werden, wird aber auch mit dem organisatorischen Lernen und in weiterer Folge mit dem organisatorischen Gedächtnis in Verbindung gebracht. Im Wissensmanagement soll die Organisationsentwicklung Methoden zur Änderung der Organisationsstruktur und –prozesse bereitstellen, um Wissensmanagement in einer Organisation erfolgreich zu implementieren.

Organisationskultur[Bearbeiten]

Neben der kollektiven Identität (Unternehmen) ist die persönliche Identität von Bedeutung. Diese drückt sich durch Zugehörigkeitsgefühl, Besitz von Artefakten und Statussymbolen und persönlichen Werten und Normen aus. Die Wahrung und Vermarktung der Corporate Identity wird angestrebt. Die Organisationskultur wird als Basiskonzept der zuvor genannten Konzepte verstanden, aber auch für das Wissensmanagement. In Verbindung mit diesem sei auch die Fehlerkultur erwähnt, die einen wichtigen Teil der Unternehmenskultur darstellt.

Weitere Konzepte[Bearbeiten]

Neben den bisher genannten Konzepten, die einen direkten Bezug zum Wissensmanagement aufweisen, lassen sich noch weitere Konzepte nennen, die einen nicht direkten oder unmittelbaren Bezug aufweisen:

  • Organisatorische Effizienz: soll im Rahmen von Gestaltungs- und Veränderungsmaßnahmen beeinflusst werden; Effizienz soll verbessert werden (auch Ansatz des Wissensmanagements)
  • Informationsverarbeitungsansatz: Organisationen sind Einheiten, die Informationen aufnehmen, sammeln, transformieren, speichern und übertragen. Wichtig ist die Anpassung an die Technologie, um die Flexibilität zu erhöhen.
  • Know-how-Unternehmen: Kombination aus organisatorischem Lernen und organisatorischer Intelligenz. Nach Svleby und Lloyd sind dies Unternehmen, die sich primär durch ihre Problemlösungskompetenzen, Kundenorientierung, kreativen Mitarbeiter*innen und Schnelligkeit bei innovativen Lösungen auszeichnen. Auch findet ein Austausch mit anderen Know-how-Trägern statt.
  • Gruppen- und Teamkonzepte: zur Koordination von wenigen (meist weniger als 20) Mitarbeiter*innen, auch im Rahmen des Wissensmanagements.

Personalwissenschaft[Bearbeiten]

Die Personalwissenschaft soll im Rahmen des Wissensmanagements Konzepte und Theorien bereitstellen, um Aussagen zur Beschaffung, Verwendung, und Entwicklung sowie Verhalten, Leistung und Motivation von Personal zu treffen. Besonders von Interesse sind hierzu die Personalentwicklung und die Personalführung.

Personalentwicklung[Bearbeiten]

Diese zielt auf den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit und Erhöhung der Aufstiegschancen durch den Einsatz von Methoden und Maßnahmen zur Bildung und Förderung ab. Das fachliche Wissen und Können soll verbessert werden. Durch Wissensmanagement wird die Mobilisierung und Weiterentwicklung individuellen und kollektiven Wissens gefördert und gleichzeitig wird Wissensverlust vorgebeugt.

Personalführung[Bearbeiten]

Es gibt unterschiedliche Führungsstile, die das Verhalten der Mitarbeiter*innen entsprechend dem Unternehmensziel beeinflussen sollen. Eingesetzte Methoden, wie beispielsweise das Mitarbeitergespräch oder Leistungsbeurteilungen, sind eng mit der Personalentwicklung verbunden.

Managementwissenschaft[Bearbeiten]

Das Wissensmanagement kann als Planung, Realisierung und Kontrolle der organisatorischen Wissensbasis betrachtet werden, die sich an den Organisationszielen ausrichtet und den Konzepten des Managements zugrunde liegt.

Strategisches Management[Bearbeiten]

Dies ist der Prozess der Planung, Realisierung und Überwachung von langfristigen Strategien der Organisation, die unter anderem auch die Wettbewerbsfähigkeit stärken soll. Die Einbindung dieser Prozesse wird auch für das Wissensmanagement als wichtig erachtet.

Geschäftsprozessmanagement[Bearbeiten]

Das Geschäftsprozessmanagement ist ein Konzept zur Optimierung und Automatisierung von Geschäftsprozessen, mit dem Ziel der Erhöhung der Kundenzufriedenheit, Verbesserung der Effizienz, sowie Steigerung der Produktivität. Zum Wissensmanagement besteht eine duale Verbindung, da in Geschäftsprozessen Wissen benötigt wird und gleichzeitig neues Wissen entsteht.

Informationsmanagement[Bearbeiten]

Dieses Konzept beschäftigt sich mit der Planung, Überwachung und Steuerung der Ressource „Information“ und „Kommunikation“ und bietet dadurch einen Bezug zum Wissensmanagement. Es richtet sich am strategischen Management aus, schafft aber auch neue Möglichkeiten für das strategische Management.

Informatik[Bearbeiten]

Die Konzepte der Informatik betrachtet das Wissensmanagement aus technischer Sicht, wobei das kodifizierte und kodifizierbare Wissen im Mittelpunkt steht. Zwei der Teildisziplinen sollen im Folgenden kurz beschrieben werden.

Datenmanagement und Data Governance[Bearbeiten]

Diese Teildisziplin soll alle Daten einer Organisation und die damit zusammenhängenden Aufgaben und Aktivitäten planen, überwachen und steuern. Diese Leistung kann von weiteren Aufgabenbereichen wie dem Wissensmanagement, aber auch der Buchhaltung genutzt werden.

Künstliche Intelligenz[Bearbeiten]

Die Ansätze der künstlichen Intelligenz (KI) beschäftigen sich mit dem Verstehen und Nachbilden menschlicher Intelligenz mithilfe mathematischer Logik, Statistik, Mustererkennung und heuristischer Methoden. Das Wissensmanagement bedient sich vieler Ansätze und Anwendungen der KI, wie beispielsweise Suchagenten und Informationsvisualisierungssystemen.

Psychologie[Bearbeiten]

Die Psychologie liefert für das Wissensmanagement wesentliche Beiträge. Neben der Kognitionspsychologie werden auch Anleihen in der Organisationspsychologie, welche das Verhalten einzelner Personen innerhalb einer Organisation zu erklären versucht, genommen.

Organisationspsychologie[Bearbeiten]

Diese liefert Ansätze zur Beschreibung und Erklärung von Verhalten einzelner Personen in einer Organisation. Auch die Organisationskultur und die Informationstechnologie nehmen wesentlichen Einfluss auf die Organisationsmitglieder und deren Verhalten.

Kognitionspsychologie[Bearbeiten]

Im Rahmen der Kognitionspsychologie werden Konzepte wie Lernen, Wissen, Intelligenz und Gedächtnis untersucht und beschrieben. Das Wissensmanagement bedient sich der Erkenntnisse und kann somit Methoden zur Verfügung stellen, die die Entwicklung, Bewerbung, Nutzung und Verteilung von Wissen unterstützen.

Soziologie[Bearbeiten]

Die Soziologie versucht das Handeln von in Beziehung stehenden Menschen, Gruppen und Organisationen sowie Gesellschaften zu erklären. Des Weiteren liefert sie Ansätze zur Erklärung der Entwicklung, Nutzung, Weitergabe und Speicherung von kollektivem Wissen.

Organisationssoziologie[Bearbeiten]

Die Ansätze der Organisationssoziologie versuchen eine Interpretation von organisatorischen Ereignissen und Prozessen zu geben. Dabei wird die Organisation als soziales Subjekt betrachtet. Für Das Wissensmanagement sind die Ansätze zur Erklärung von Gruppenverhalten sowie zum organisationalen Wandel von Bedeutung.

Wissenssoziologie[Bearbeiten]

Die Wissenssoziologie beschäftigt sich mit den sozialen Prozessen des Erwerbs, der Entwicklung, Nutzung, Verteilung und Bewahrung von Wissen, also dem Wissenskreislauf innerhalb von Gruppen, Organisationen und Gesellschaften. Das Wissensmanagement wird innerhalb der Wissenssoziologie als Interaktion sozial verteilten Wissens diskutiert.

Literatur[Bearbeiten]

Lehner, Franz (2021): Wissensmanagement - Grundlagen, Methoden und technische Unterstützung. Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG: München