Prozess des Wissensmanagements und seine Elemente
Im Sinne von »systemischem Wissensmanagement« erfolgt Wissensmanagement nicht am Ende einer Berufslaufbahn, sondern ist laufend in die Kernprozesse einer Organisation integriert. Es ist daher Aufgabe der Organisation, den Rahmen für aktives / laufendes Wissensmanagement zur Verfügung zu stellen, indem Führungskraft und MitarbeiterIn Wissensmanagement aktiv betreiben (Willke, 2001).
Abbildung 7: Wissensmanagement im MitarbeiterInnen-Arbeitszyklus
In der Auseinandersetzung mit der Identifikation von Wissen, gilt es zunächst – im Zuge eines vorgelagerten Prozesses – folgende zentrale Fragestellung zu klären, welche den Rahmen für den eigentlichen Wissensmanagement-Prozess vorgibt:
Abbildung 7a: Vorgelagerter Prozess
Nach dem vorgelagerten Prozess bzw. der Klärung, welches Wissen in mittelfristiger Zukunft noch Bedeutung haben wird, geht es nun um die eigentliche Identifizierung dieses Wissens.
Der Prozess des Wissensmanagements ist ein systemischer Prozess, der von der Grundannahme ausgeht, dass Wissen entsteht, wenn Informationen – ausgehend von einer konkreten Zielsetzung bzw. Aufgabe – ausgewählt, verbunden, transformiert und vor einem spezifischen Hintergrund bewertet werden.
Der Prozess folgt einem zyklischen Ablauf. Dies bedeutet, dass die einzelnen Phasen in mehreren Schleifen durchlaufen werden. Bei wiederholtem Durchlauf werden Lerneffekte generiert, wodurch sich der verbundene Aufwand sukzessive reduziert.
Der Prozess des Wissensmanagements kann in 5 Phasen bzw. Elemente-Bündel unterteilt werden, die durch unterschiedliche Grundlagen, Handlungen und Ziele charakterisiert sind:
- Identifizieren / orten, heben, Verteilung planen
- Sammeln und Aufbereiten (gewichten, bewerten)
- Sichern in verschiedenen Subsystemen (organisatorisch, personell, technologisch)
- Übertragen und verteilen (dabei meist auch automatisch erweitern / weiter entwickeln)
- Nutzen des Vorhandenen Wissens
Die folgende Grafik zeigt eine schematische Darstellung des Wissensmanagement-Prozesses und betrachtet die Elemente weitgehend einzeln, wobei diese natürlich in der Praxis, im Sinne eines integrierten Wissensmanagements, auch ständig vernetzt sind und ineinander greifen.
Abbildung 8: Prozess des Wissensmanagements
In der Praxis folgen die dargestellten Elemente nicht immer der dargelegten chronologischen Reihenfolge. Auch werden sie nicht voneinander isoliert zu verwirklichen sein. Vielmehr ist es das Ziel, die einzelnen Elemente in ein sich fortlaufend entwickelndes integriertes Wissensmanagement, das den Arbeitsalltag begleitet aufzunehmen.
Grundsätzlich ist es möglich, in jeder Phase in den zyklischen Prozess einzusteigen. Es gilt jedoch zu beachten, dass dies einen gewissen »Reifegrad« des bestehenden Wissensmanagement-Systems erfordert. Zudem ist eine entsprechende qualitative Vorbereitung unerlässlich.
Die Verantwortung für den dargestellten Prozess liegt bei der Führungskraft. Ihr obliegt
- das Anstoßen,
- das Vorantreiben sowie
- die Qualitätsentwicklung des Wissenssicherungsprozesses.
Jedoch ist es für den Erfolg dieses zyklischen Prozesses unerlässlich, das gesamte Team einzubinden, da allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wesentliche Funktionen im Rahmen des Wissensmanagements und der Wissenssicherung zukommen.
Eine genauere Beschreibung der fünf Prozesselemente und wie mit ihnen umzugehen ist, wie die jeweiligen Ziele, Maßnahmen, Aufgaben der Akteurinnen verantwortlich und in welcher Weise eingebunden sind und welche Details dabei zu beachten sind, findet sich in der Toolbox.
Theoretischer Exkurs: Umwandlungsprozesse durch Wissensmanagement[Bearbeiten]
Im Rahmen der Umsetzung und Integration von Wissensmanagement als ein im Arbeitsalltag ständig »mitlaufender Prozesses«, spielen sich auch die von Nonaka und Takeuchi postulierten Umwandlungsprozesse von implizitem zu explizitem Wissen ab: Wissen wird kontinuierlich umgewandelt und weiter entwickelt.
Abbildung 9: Wissensspirale (Nonaka, et al., 1995)
Nachhaltige Wissenssicherung geschieht auch durch sich wiederholende Übergänge von implizitem und explizitem Wissen:
- Implizites Wissen entsteht durch Erfahrung, verändert sich in
- Sozialisationsprozessen, kann
- externalisiert werden und in Kommunikationsprozessen weitergegeben (Kombination), um letzten Endes wieder
- internalisiert zu werden.
Explizites Wissen liegt in kodifizierter Form vor, wird also gespeichert und ist für Organisationen in Dokumenten und Datenbanken ablegbar. Implizites Wissen dagegen ist Wissen weitgehend in den Köpfen der MitarbeiterInnen und kann nur schwer direkt übertragen werden, da es an die jeweilige Person gebunden ist. So kann implizites Wissen über den Bau eines Instruments, welches ein Instrumentenbauer besitzt, nicht direkt in explizites Wissen in Form eines Dokuments übertragen werden. Gemäß Nonaka / Takeuchi finden in der Interaktion von Individuen allerdings Transformationsprozesse statt, die eine Umwandlung von implizitem zu explizitem Wissen zur Folge haben. So kann implizites Wissen teilweise in explizites Wissen überführt werden, indem es, soweit es bewusst und sprachlich zugänglich gemacht werden kann, schriftlich festgehalten (externalisiert) und durch andere Mitarbeiter wiederum verinnerlicht (internalisiert) wird. Auf der anderen Seite ist aber auch denkbar, dass durch Beobachtung oder »Learning-by-doing« implizites Wissen direkt von einer Person auf die andere (Sozialisation) übergeht (siehe Toolbox: Mentoring). Schließlich kann durch die Verbindung und Aggregation von vorhandenem explizitem Wissen neues Wissen geschaffen werden (Kombination) (Nonaka, et al., 1995).